Mexiko ruft
Volkswagen Werkspilot Sébastien Ogier (F) hat bei der Rallye Schweden vor drei Wochen ein kleines Stück Motorsport-Geschichte geschrieben. Der Franzose holte zusammen mit Co-Pilot Julien Ingrassia den ersten Sieg für Volkswagen mit dem Polo R WRC in der FIA Rallye-Weltmeisterschaft. Im Interview lässt der WM-Führende den Triumph noch einmal Revue passieren und gibt einen Ausblick auf kommende Aufgaben.
Mit dem Erfolg in Schweden haben Sie sich nicht nur einen Platz in den Rallye-Geschichtsbüchern gesichert, sondern auch den ersten Sieg für Volkswagen mit dem Polo in der WRC eingefahren. Mit etwas Abstand, was war der schönste Moment?
„Als Julien und ich am Sonntag nach der Powerstage in den Servicepark zurückgekehrt sind und uns das gesamte Team mit Applaus empfangen hat. Alle haben sich so sehr gefreut. All die glücklichen Gesichter zu sehen – schon allein dafür hat sich die harte Arbeit in den vergangenen Monaten gelohnt. Es war die perfekte Rallye! Der Polo R WRC ist hervorragend gelaufen, noch besser als bei der ‚Monte‘. Ich habe in Schweden noch nie so ein gutes Auto gehabt.“
Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito hatte vor der Saison die Ziele ausgegeben: Podium im ersten Jahr, Siege im zweiten und dann den WM-Titel. Nun hat es schon bei der zweiten Rallye mit einem Sieg geklappt. Ändern Sie nun Ihre Herangehensweise an den Rest der Saison?
„Im Gegenteil – ich gehe alle Rallyes mit demselben Kampfgeist an. Wir sind natürlich mit dem Saisonstart mehr als zufrieden. Allerdings sind Monte Carlo und Schweden einzigartige Rallyes, die man nicht mit den anderen Läufen in der WM vergleichen kann. Wir müssen abwarten, wie es für uns auf Schotter läuft, denn darauf werden die meisten Rallyes in der WM ausgetragen. Vor uns liegt noch ein langer Weg. Aber wir können die Sache nun ein wenig entspannter angehen, da wir schon wertvolle WM-Punkte gesammelt haben. Insofern stehen alle anderen Teams nun mehr unter Druck als wir.“
Viele sehen Sie und Volkswagen jetzt schon in der Rolle des WM-Favoriten …
„Wir haben gerade einmal zwei von 13 WM-Läufen absolviert. Noch wissen wir nicht, wo wir stehen und wie konkurrenzfähig der Polo R WRC auf Schotter ist. Vielleicht überdenken wir nach Portugal oder Argentinien unsere Saisonziele. Aber klar ist, wenn sich am Ende der Saison die Chance ergibt, werden wir auch darum kämpfen.“
Erwarten Sie, dass der Polo R WRC auf Schotter in Mexiko ähnlich konkurrenzfähig ist wie auf Eis und Schnee?
„Das ist schwer zu sagen. In Mexiko fahren wir über ziemlich grobe Schotterstrecken, dazu kommt die extreme Höhenlage. Auf über 2.500 Meter Höhe ist die Luft dünn, das bekommen sowohl wir Fahrer als auch die Motoren zu spüren. In der Spitze haben hier alle fast ein Drittel weniger Leistung als unter normalen Bedingungen.“
Was haben Sie für Erwartungen an die Rallye Mexiko?
„Ich mag die Atmosphäre dort sehr. Das Wetter ist immer gut und es stehen sehr viele Fans entlang der Wertungsprüfungen. Vor allem der Start in Guanajuato ist ein fantastisches Erlebnis. Durch die kleinen Gassen und Tunnel, vorbei an Tausenden frenetisch feiernden Zuschauern – das ist Gänsehaut pur! Für mich persönlich ist es darüber hinaus immer etwas ganz Besonderes, in Mexiko zu starten. 2008 bin ich dort meine allererste Rallye in der Weltmeisterschaft gefahren – und habe direkt meinen ersten Sieg in der Junior-WRC-Kategorie gefeiert. Das war damals wie im Traum. Deshalb freue ich mich immer, wenn ich wieder nach Mexiko reisen und dort starten kann.“
Am Sonntag steht die längste WP der gesamten Rallye an: die knapp 55 Kilometer lange WP „Guanajuatito“. Wie bereiten Sie sich auf die besondere Herausforderung vor?
„Es ist ja nicht nur diese eine. In Mexiko müssen wir insgesamt sieben Wertungsprüfungen absolvieren, die länger als 30 Kilometer sind. Das heißt, dass wir generell absolut fit sein müssen, um von Donnerstag bis Sonntag jederzeit zu 100 Prozent konzentriert zu sein. Deshalb habe ich nach der Rallye Schweden Sonderschichten mit meinem Fitnesstrainer eingeschoben, um optimal vorbereitet zu sein. Außerdem bin ich bereits ein paar Tage früher nach Mexiko geflogen, um mich an die Zeitumstellung zu gewöhnen – und am Strand von Cancún etwas Sonne zu tanken.“
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