BP Nr2
06. März 2015

Österreichs härtester Rallye-Champion

Im Rallyesport fiel er sofort auf – im Vorjahr wurde er Champion der Austrian Rallye Challenge. Jetzt wagt er bei der Schneerosen-Rallye den Wechsel auf einen S2000-Boliden. Dass man diesen „prügeln muss wie ein Tier“, würde ihm entgegenkommen, sagt er. „So fahre ich immer schon!“

Er ist das Gegenteil eines „Formel 1-Buben“, quasi ein Riesen-„Lackl“, der rein optisch locker als Bodyguard von Vladimir Putin durchgehen würde. Gerald Rigler ist der regierende Champion der Austrian Rallye Challenge, der zweiten Liga im heimischen Rallyesport. Doch selbst von den eingefleischten Rallyefans wissen nur wenige, dass der 45-Jährige erst vor drei Jahren mit dem Rallyesport begonnen hat. Und dass er nur aufgrund eines dreifachen Bandscheibenvorfalls überhaupt erst vom Zweirad- auf den Vierradsport wechselte, quasi als „Notprogramm“.

„Ich habe damals nicht einmal mehr gehen können“, erzählt Rigler. Seine Liebe galt bis dahin dem Enduro-Motorradsport – und diese Liebe war eine große Liebe, die bis dahin durch nichts zu erschüttern war. Rigler gehört zu jener seltenen Menschengruppe, die mit dem Aufzählen der noch nicht gebrochenen Knochen und Rippen schneller fertig ist als mit dem Aufzählen der bereits geflickten Körperteile. Die Liebe zum Motorrad konnte auch durch einen schweren Unfall mit einer Straßenmaschine nicht getrübt werden: „Ich war gerade 18, als ich diesen Unfall hatte. Dabei wurde mir beinahe der linke Fuß abgenommen – wenn mein Vater damals im Spital unterschrieben hätte, wäre der Fuß weg gewesen. Doch mein Vater hat die einzig richtige Antwort gegeben: ‚Sicher nicht!‘“

Schmerzbefreiter Speedfreak

Den Hang zum Speed habe er von beiden Elternteilen vererbt bekommen, sagt Rigler. Der Vater war ein Hobby-Skirennläufer und es verwundert nicht, dass auch Klein-Gerald auf den zwei Brettern schnell unterwegs war – der schmerzbefreite Oberösterreicher schaffte es in den Bezirksmeisterschaften sogar auf Platz vier im Riesentorlauf. Schon als Kind lieferte Rigler jene Geschichten, die ihn wohl zum härtesten aller heimischen Rallye-Champions machen. Rigler erzählt: „Mit sieben oder acht Jahren habe ich mit einem selbst gebauten Traktor, in den wir einen Kadett-Motor eingebaut haben, auf der Bundesstraße einen Postautobus überholt – da war ich dann wohl etwas zu schnell unterwegs, denn danach gab‘s einen heftigen Überschlag hinein in ein Weizenfeld.“

Dass Rigler den Schmerz so gar nicht fürchtet, liegt wohl daran, dass er mit ihm aufgewachsen ist. Erste Kindheitserinnerung: „Ich werde mit drei Jahren ins Spital eingeliefert, Blinddarm-Operation – ich war eingesperrt, und das war am schlimmsten.“ Weniger schlimm war offenbar, dass er vom zweiten bis zum 15. Lebensjahr „jedes Jahr einmal im Krankenhaus“ landete, wie er beiläufig erzählt.

Auch im Berufsleben wählte Gerald Rigler einen ungewöhnlichen Weg: Zunächst lernt er Tischler, doch dann, nach seinem Motorradunfall, ist er gezwungen, den Job zu wechseln, beginnt bei einem Brunnenbauer und macht sich hernach mit einem Tiefbohr-Unternehmen selbständig. Von Anfang an betreibt er seine Firma auf einem höchst professionellen Level – die Firmenfarben Gelb und Rot prangen selbstverständlich auch auf seinen Rallyeboliden. Dass Rot seine Lieblingsfarbe als Kind war, verwundert bei seiner nicht unblutigen Geschichte irgendwie - und zugleich auch gar nicht, schließlich ist Rot die Farbe der Aggression.

„Probieren wir halt Autofahren“

Auch das Rallye-Kapitel des Gerald Rigler beginnt ungewöhnlich: Um 3 Uhr in der Früh sitzt er 2011 mit seinem Freund Werner Thomas und bespricht, was er nun, nach seinem dreifachen Bandscheibenvorfall tun könnte. Thomas sagt: „Probieren wir halt Autofahren!“ Noch in der gleichen Nacht wurde beschlossen, den Mitsubishi Lancer Evo III seines Freundes Reinhold Neulinger zu kaufen und Rallyes zu bestreiten.

Werner Schneider, der „Heinz Prüller des Rallye- und Bergrennsports“, erinnert sich: „Er ist mir bei seiner ersten Rallye sofort aufgefallen – er war sofort in den Top 10, er fuhr verwegen, doch sein Auto landete schließlich auf der Seite liegend.“ Es war die Thayaland-Rallye 2012, also die Vorgänger-Veranstaltung der Schneerosen-Rallye im gleichen Gebiet – Rigler lag bereits auf Gesamtrang vier, als es passierte: „Wir haben andere Bremsblöcke verwendet, drei Kilometer vor dem Ziel sind wir abgeflogen.“

Steile Lernkurve

Ab 2013 fuhr Rigler mit Martin Rossgatterer als Copilot: „Er ist früher selbst Rallyes gefahren und ich habe durch ihn sehr viel gelernt – ich konnte anfangs zum Beispiel nicht links bremsen.“ Die Lernkurve verläuft steil – im Vorjahr schließlich krönte er sich mit fünf Siegen in der Austrian Rallye Challenge noch vor dem Finale in Leiben zum ARC-Champion.

Erst dort wechselte er auf einen modernen Evo IX – damit startete er auch bei der Waldviertel-Rallye und auch bei der heurigen Jännerrallye. Eine Zielflagge sah man bei keiner dieser Rallyes. Immerhin konnte Rigler in Freistadt auf einer SP die zweitschnellste Zeit hinter Raimund Baumschlager markieren. Doch Rigler empfand den Evo IX als „schwer zu fahren, die ganze Fahrwerkstechnik kam mir nicht entgegen, ich fühlte mich in diesem Auto unwohl“.

Verwegener S2000-Einstieg

Manche mögen daher seinen frühen Wechsel in einen S2000-Boliden als verwegen empfinden – Rigler gibt bei der Schneerosen-Rallye sein Debüt auf dem teameigenen Peugeot 207 S2000. Nicht wenige etablierte Rallyepiloten kämpften beim Wechsel auf ein S2000-Fahrzeug mit Umstellungsproblemen, manchen gelang der Umstieg überhaupt nicht. Selbst Seriensieger Raimund Baumschlager sagte nach seiner ersten Fahrt in einem S2000: „Wahnsinn! Du musst diesen Wagen prügeln wie ein Tier, du musst stets auf der letzten Rille fahren.“

Rigler schmunzelt: „So fahre ich immer, das ist einfach mein Zugang zu diesem Sport - so gesehen denke ich, dass mir das entgegenkommt. Im Evo IX habe ich mich nie wohl gefühlt – aber schon auf den ersten Testkilometern empfand ich den S2000 als optimal für mich, der S2000 ist einfach ein richtiges Rennauto, ich war beim Test wirklich relaxt, mir taugt dieses Auto sehr.“

Große sportliche Ziele setzt sich Gerald Rigler für die kommende Schneerosen-Rallye nicht: „Ich fahre aus Spaß – das Auto gehört mir und ich habe keinen Stress, ich möchte es einfach genießen, mit diesem Auto auf diesen schönen Prüfungen zu fahren.“

Die Vergleichsmöglichkeiten seien ohnehin gering, findet Rigler. Am ehesten könnte er sich an Roman Odlozilik orientieren, doch der fährt mit einem top aktuellen Ford Fiesta R5…

„Fahre dort, wo es mir gefällt“

Wie es nach der Schneerosen-Rallye weitergeht, lässt Gerald Rigler offen – für einen permanenten Wechsel in die Rallye-Staatsmeisterschaft sei er „zu alt“, sagt er, doch etwas später vermerkt er, dass er „gerne einmal einen ORM-Lauf gewinnen“ würde. So kann man also durchaus hoffen, dass Gerald Rigler mit seinem rot-gelben S2000 sowohl ARC- als auch ORM-Läufe bestreiten wird, denn freilich reizt ihn der Vergleich mit den Großen.

Rigler sagt: „Ich habe den großen Vorteil, dass ich machen kann, was ich will. Das Auto gehört mir und ich fahre dort, wo es mir gefällt.“ Dass er sein S2000-Debüt auf den Prüfungen rund um Raabs und Pfaffenschlag gibt, dort also, wo 2012 seine ungewöhnliche Karriere begann, ist eine große Ehre für die Schneerosen-Rallye.

Exkurs: Was ist die ARC?

Die Austrian Rallye Challenge (ARC) wurde 1999 gegründet – der heutige ARC-Boss Folkrad Payrich gehört zu den Mitgründern. Payrich erklärt: „ARC-Rallyes sind Eintages-Veranstaltungen – das heißt: Am Freitag gibt es die Abnahme und die Besichtigung, am Samstag wird die Rallye mit ungefähr 100 Wertungskilometern gefahren. Das Nenngeld ist geringer, die Teams haben weniger Übernachtungskosten, man muss weniger Urlaub nehmen.“

„Außerdem liegt der Hauptvorteil in dem für den Breitensport geschaffenen Punktesystem, um auch jenen mit schwächeren Autos, welche aber in stark besetzten Klassen starten, die Chance auf einen Gesamtsieg zu geben.“

Oft gibt es bei einer ARC-Rallye einen Gesamtsieger – doch den Challenge-Sieg holt ein anderer Pilot. Der Hintergrund: In der ARC werden nur eingeschriebene Teams berücksichtigt. Turbo Allrad Fahrzeuge, die nach dem 1.Jänner 1998 homologiert wurden sowie Fahrzeuge der Klasse RGT-national werden in der Austrian Rallye Trophy (ART) gewertet.

Für die Jungpiloten und Jungcopiloten gibt es die Junior Austrian Rallye Challenge (JARC). Teilnahme- und wertungsberechtigt an der JARC sind Lizenzinhaber mit gültigem Führerschein (ab L17), sofern sie vor dem 1. Jänner 2015 ihr 24. Lebensjahr nicht vollendet haben.

Was Payrich beim ARC-Auftakt besonders freut: „Wir haben sehr viele junge Piloten, auch komplette Neueinsteiger sind dabei. Das ist für unseren Sport sehr wichtig.“

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