BP Nr2
20. Juni 2014

Ein großes Sportfest im Schneebergland

Sportlich stellen sich viele Fragen. Die Wichtigste ist natürlich, ob Raimund
Baumschlager seine Erfolgsserie im Schneebergland fortsetzen kann und vor den
Toren von Gerwald Grössing weiterhin ungeschlagen bleibt. Oder gelingt Hausherr
Grössing sein zweiter Sieg in dieser Saison? Oder kommt überhaupt alles ganz
anders? Am 28. Juni gegen 18.00 Uhr werden diese Fragen beim Zieleinlauf in Rohr im
Gebirge beantwortet.

Wenn die Teams - 35 aus drei Nationen haben ihre Nennung für den 5. Lauf zur Rallye-Staatsmeisterschaft abgegeben - am 27./28. Juni in einer der schönsten Urlaubsregionen Ostösterreichs zum fünften Mal in Rohr im Gebirge über die Startrampe der Schneebergland-
Rallye rollen, werden sich ihre Augen zwangsläufig nicht auf die traumhafte Landschaft konzentrieren können, stehen doch an beiden Tagen ultimativste Sonderprüfungen des Rallyesports auf dem Programm. Und dieses zum Großteil auf Privatstraßen lokaler
Grundbesitzer stattfindende Event verlangt von den Fahrerteams höchste Aufmerksamkeit. Andernfalls droht allen Piloten, dass aus ihren hochfliegenden Plänen ein tiefer Fall wird, im wahrsten Sinne der Worte. Viele Abschnitte der Sonderprüfungen erinnern in ihrer
wahnwitzigen Schönheit mit ein wenig Phantasie an Karl Mays "Schluchten des Balkan".

Sportlich steht die Veranstaltung in einer Region, die auch für die Gastfreundschaft der heimischen Bevölkerung bekannt ist, im Zeichen des Duells zwischen dem dreifachen Sieger Raimund Baumschlager (Škoda Fabia) und Lokalmatador Gerwald Grössing (Ford Fiesta), der auch die treibende Kraft hinter dieser Rallye war und ist. Schließlich stellt er mit der Sonderprüfung "Haraseben" auch wieder eine Straße auf seinen eigenen Gründen dem
sportlichen Zweck zur Verfügung.

Division I - Flotter Zweier

Eines vorweg: Aus dem Gigantenquartett beziehungsweise zuletzt sogar -quintett der letzten drei Meisterschaftsläufe wird in der ersten Rallye der zweiten Saisonhälfte wahrscheinlich ein heißer Zweikampf. Der bisherige Schneebergland-König Beppo Harrach, dem in den vergangenen vier Austragungsjahren mehr Sonderprüfungs-Bestzeiten gelangen als allen anderen Piloten zusammen, hat keine Nennung abgegeben. Hermann Neubauer, der
dominierende Pilot der letzten beiden Staatsmeisterschaftsläufe - und doch nie Sieger - hat zwar genannt, wird auch versuchen zu besichtigen, die Chance auf sein tatsächliches Antreten im Wettbewerb ist allerdings als Folge seines schweren Unfalls beim Fitnesstraining mit gebrochenem Schlüsselbein und Bänderrissen in der Schulter äußerst unwahrscheinlich. Da auch Hannes Danzinger und Chris Brugger (Maturaprüfung) nicht am Start sein werden,
konzentriert sich alles auf einen mehr als flotten Zweier zwischen dem dreifachen und im direkten Duell im Schneebergland noch unbesiegten Gewinner Raimund Baumschlager (Škoda Fabia S2000) und Hausherr Gerwald Grössing (Ford Fiesta R5). Die Erfahrung und die bisherige Bilanz bei dieser Rallye spricht für Baumschlager, die „Jugend“ und das Ungestüme für Gerwald Grössing. Man darf gespannt sein, welche Karten stechen.

Da auch der ÖM-Zweite Mario Saibel als erklärter Asphaltspezialist keine Nennung abgegeben hat, ist die Frage, wer nach der Papierform hinter den beiden Giganten den verbleibenden Stockerlplatz einnehmen könnte, besonders interessant. In Frage kommen hier vor allem Walter Mayer (Peugeot 207 S2000), dem die Schotterprüfungen in den letzten beiden Jahren immer besonders gut gelegen sind, aber auch der Gloggnitzer Martin Kalteis
(Mitsubishi Evo VII), der zuletzt bei der Wechselland-Rallye mit einem ausgezeichneten Ergebnis aufhorchen ließ, sowie - als graue Maus und großer Unbekannter - der Amstettner Anton Schatzeder, ein ausgewiesener Schotterspezialist der 2013 mit einem mehr als 20 Jahre alten Mazda aufhorchen ließ, sich in diesem Jahr allerdings einen Mitsubishi Evo IX gemietet hat. Was die Meisterschaftstabelle betrifft, so bleibt Baumschlager ungeachtet des Ausgangs klar in Führung, selbst bei einem Ausfall. Grössing würde schon mit einem 2. Platz eben diesen von Saibel übernehmen.

In der 2WD-Meisterschaft hofft Titelverteidiger Michael Böhm auf Suzuki Swift S 1600 auf ein Ende seiner Frühjahrspechsträhne, während bei den Historischen Lokalmatador und Vorjahressieger Ossi Hebenstreit (Ford Escort) vielleicht das Zünglein an der Waage sein wird, wenn Kris Rosenberger (VW Golf) versucht, Willi Rabl jun. (Porsche 911) wieder von der Tabellenspitze zu verdrängen.

Division II - Michael Böhm jagt seine Puszta- Nemesis

2WD-Staatsmeister Michael Böhm, gerade 40 Jahre alt geworden, muss sich für seine diesjährige Schotterpremiere umgewöhnen. Auf einen anderen Copiloten nämlich, weil Stammansagerin Katrin Becker kurzfristig beruflich verhindert ist. Mit dem im Waldviertel
ansässigen Sachsen André Kachel, der in den letzten Jahren vor allem als Copilot von Böhms Teamchef Martin Zellhofer bekannt geworden ist, wurde allerdings ein mehr als adäquater Ersatz gefunden. Nachdem für Michael Böhm das Frühjahr alles andere als wunschgemäß verlaufen ist, steht die Rallye für den Suzuki S1600- Piloten im Zeichen der Aufholjagd. Aus eigener Kraft ist es jedoch nicht möglich, den klar führenden Ungarn Kristof Klausz (Renault
Clio R3) zu überflügeln, der inzwischen seine Chance gerochen hat und in diesem Jahr als einziger sein Land bei Österreichs ultimativer Schotterrallye vertritt. Die große Unbekannte ist der zweifache Opel Corsa OPC-Cup-Sieger, Ex-Diesel-Meister und Ex- Juniorenstaatsmeister Daniel Wollinger im werksunterstützten Opel Adam R2. Das Schneebergland ist dem Steirer aus Laßnitzhöhe nicht unbekannt, wie schnell das kleine Auto sein kann wird sich weisen. Immerhin gelang zuletzt bei der Wechselland-Rallye mit etwas Glück schon der erste 2WD-Sieg.

Pokal II - Gibt's einen neuen Sieger?

Der Kärntner Robert Surtmann (Mitsubishi Evo VI) hat zwar bei dreimaligem Antreten in dieser Saison ebenso oft die 4wd-Gruppe H gewonnen, ist aber diesmal keinesfalls als Favorit anzusehen. Dies schon aufgrund nicht vorhandener Schottererfahrung. Vom
Auto her fährt der Ybbstaler Alexander Tazreiter mit einem Mitsubishi Evo VII sicher das potenteste Fahrzeug. Er ist jedoch im Oktober 2012 letztmals in einem Rallyeauto gesessen und im Oktober 2010 letztmals auf Schotter gefahren. Immerhin hat er Platz 9 bei der allerersten Schneebergland-Rallye 2010 in seiner Biographie, was ihn als Sieganwärter qualifizieren sollte. Geheimfavorit ist aber auf alle Fälle der Triestingtaler Michael
Reischer auf Mazda 323, der erst kürzlich bei einer bayerischen Schotterrallye Platz 2 belegt hat. Aufpassen heißt es auf einen anderen Mazda-Piloten: Alexander Schmollngruber ist der Sohn des ehemaligen Austrian Rallye Challenge-Gewinners Wolfgang Schmollngruber und fuhr bei der selben bayerischen Veranstaltung auf Anhieb in den Top 3, ehe die Benzinpumpe nicht mehr wollte. Sollte der Innviertler Markus Steinbock sein notorisches Pech im
Mitsubishi Evo II abschütteln können, ist auch er jederzeit für einen Stockerlplatz gut.

Historische Meisterschaft - Kris Rosenberger mit halber Kraft

Die Rechnung ist ganz einfach: Gewinnt Kris Rosenberger, übernimmt der Neo-Grazer wieder die Meisterschaftsführung. Dem steht im Duell mit dem in der Meisterschaft führenden Wachauer Willi Rabl jun. nur entgegen, dass dieser mit fast doppelt so viel PS unter der Motorhaube seines Porsche 911 antritt. Kris fährt nämlich mit einem aus den Niederlanden importierten Einser-Golf GTI, da sich ein Umbau seines gewohnten Porsche 911 SC von Asphalt auf Schotter in seinen Augen nicht lohnte. Seine immense Schottererfahrung spricht trotzdem für ihn. Nicht außer Acht lassen darf man im Kampf um den Sieg jedoch Lokalmatador Ossi Hebenstreit (Ford Escort), der im vergangenen Jahr den 1. Platz bei
den Historischen abgeräumt hat. Sollte ihm dieses Kunststück erneut gelingen und Rosenberger belegt vor Rabl Platz 2, würde Letzterer die ÖM-Führung um einen Punkt verteidigen.

Historischer Pokal I - Favorit aus Tirol

Von den vier genannten Teams ist wohl der Ford Escort des jungen Tirolers Markus Nothdurfter leichter Favorit. Auch deshalb, weil er erst vor wenigen Wochen eine ungarische Schotterrallye als bester Österreicher bei den Historischen beenden konnte.

Etwas ganz Besonderes hat die Veranstaltung auch zu bieten. Als einzige österr. Rallye ist die Anzahl der Verbindungskilometer zwischen den einzelnen Sonderprüfungen geringer als die Summe der Sonderprüfungskilometer selbst. Diese Kompaktheit spart Teilnehmern und Zuschauern zusätzlich Zeit und Geld. Zeitiges Anreisen zu jeder Sonderprüfung ist angeraten, da oftmals ein kleiner Fußmarsch notwendig ist, um zu den allerschönsten Stellen zu gelangen. Womit auch der Slogan "Motorsport ist gut für die Gesundheit" recht nachdrücklich bestätigt wird.



SP-Zeitplan
Etappe 1
SP 01 Tiefental - Kalte Kuchl 1 10,61 km 14:23 Uhr
SP 02 Haraseben - Haraseben 1 5,04 km 15:06 Uhr
SP 03 Tiefental - Kalte Kuchl 2 10,61 km 15:44 Uhr
SP 04 Kalte Kuchl - Tiefental 1 10,83 km 18:17 Uhr
SP 05 Haraseben - Haraseben 2 5,04 km 19:00 Uhr
SP 06 Kalte Kuchl - Tiefental 2 10,83 km 19:38 Uhr

Etappe 2
SP 07 Haraseben - Gegend 1 7,45 km 09:03 Uhr
SP 08 Rundkurs Schwarzau 1 12,26 km 09:46 Uhr
SP 09 Haraseben - Gegend 2 7,45 km 10:34 Uhr
SP 10 Rundkurs Schwarzau 2 12,26 km 11:17 Uhr
SP 11 Schwarzau - Baumeck 1 5,68 km 13:55 Uhr
SP 12 Rundkurs Bieglhof 35,62 km 14,18 Uhr
SP 13 Schwarzau - Baumeck 2 5,68 km 15:31 Uhr
SP 14 Powerstage Bieglhof 17,81 km 17:14 Uhr

Die coolen Sonderprüfungen der heißen Rallye

SP 01 + SP 03
??
Tiefental - Kalte Kuchl
Gleich nach dem Rallye-Start des Schotterfestivals im Schneebergland werden die
Teams bedingt durch die flüssige Streckenführung beginnen zu Attackieren. Die
Devise: Ein kleiner Zeit-Polster schadet nie.

SP 02 + SP 05
??
Haraseben - Haraseben
DER Klassiker der Schneebergland Rallye. In den vergangenen Jahren mit groben
Schotterpassagen ausgestattet, zeigt sich die Haraseben 2014 mit einem geglätteten
Schotterband. Äußerst flott und bei Gott nicht langweilig.

SP 04 + SP 06
??
Kalte Kuchl - Tiefental
Wie SP 1 + SP 3, nur in der Gegenrichtung gefahren. Lädt zu flüssiger Fahrweise ein.

SP 07 + SP 09
??
Haraseben - Gegend
Kurven ohne Ende. Eigentlich eine siebeneinhalb Kilometer lange Kurvenorgie
verbunden mit engen Straßenverhältnissen. Konzentration ist für Pilot und Copilot
groß geschrieben.

SP 08 + SP 10
??
Rundkurs Schwarzau
Eine ideale Sonderprüfung für Zuschauer, die das eine oder andere Showelement der
Teams beinhalten könnte.

SP 11 + SP 13
??
Schwarzau - Baumeck
Jene Prüfung im Schneebergland die besonders taktisches Fahren abverlangt.
Fahrsünden werden von der Streckenführung sofort bestraft.

SP 12
??
Rundkurs Bieglhof
Hier handelt es sich um das Highlight der österreichischen Rallyeszene 2014. Im
teilweise alpinen Gelände werden die Teams 34 Kilometer lang bis aufs Letzte
gefordert.

SP 14
??
Powerstage Bieglhof
Zum Abschluss wird die Sonderprüfung 12 bis zur Hälfte gefahren.

Österreichischer Meisterschaftsstand

Division I
1. Baumschlager Raimund OÖ Škoda Fabia S2000 79
2. Saibel Mario W Škoda Fabia S2000 59
3. Grössing Gerwald NÖ Ford Fiesta R5 41
4. Brugger Christoph S Škoda Fabia S2000 28

Division II
1. Klausz Kristof HUN Renault Clio R3 52
2. Humar Aleks SLO Renault Clio R3 46
3. Böhm Michael NÖ Suzuki Swift S1600 41
3. Wollinger Daniel STMK Opel Adam R2 41

Historic Rallye-Meisterschaft
1. Rabl Willi NÖ Porsche 911 SC 59
2. Rosenberger Kris STMK Porsche 911 55
3. Pasutti Paolo ITA Porsche 911 48

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