cb
Die Audi Piloten über die Strecke in Le Mans
Sechs Le Mans-Sieger am Steuer der beiden Audi R10 TDI . 13,65 Kilometer voller Tücke und Gefahr.
Der 13,650 Kilometer lange "Circuit des 24 Heures" ist eine der schnellsten Rennstrecken der Welt und an diesem Wochenende Schauplatz der 74. Auflage der 24 Stunden von Le Mans. Am Steuer der beiden Audi R10 TDI sitzen sechs Routiniers, von denen jeder schon mindestens einmal in Le Mans gewonnen hat.
Welche Kurve bedeutet in Le Mans die größte Herausforderung?
Marco Werner: "Die Porsche-Kurven sind für mich die schwierigste Stelle. Es ist eine Hochgeschwindigkeits-Passage, in der ein LM P1-Auto wie der Audi R10 TDI viel schneller ist als ein LM P2-Modell oder ein GT-Fahrzeug. Auf langsamere Autos aufzulaufen, ist im letzten Teil dieses Abschnitts – einer langen Rechtskurve – sehr schwierig. Dort muss man außen überholen, wo viel Reifenabrieb anderer Autos liegt. Man kann den Abrieb leicht aufsammeln, und damit lässt die Haftung der eigenen Reifen nach."
Fällt die persönliche Anpassung an eine nicht-permanente Rennstrecke nach Jahren der Gewöhnung leichter?
Dindo Capello: "Nach so vielen Jahren kommt mir Le Mans schon wie eine permanente Rennstrecke vor. Trotzdem muss man zu Beginn aufpassen. Der Grip an den Stellen, die sonst öffentliche Landstraßen sind, ist sehr gering. So herrschen auch ganz unterschiedliche Grip-Verhältnisse verteilt über 13,65 Kilometer. Wir fahren pro Runde über mehrere Asphaltsorten. Auf nasser Strecke fallen diese Unterschiede noch extremer aus. Ohne die Bremspunkt-Schilder ab 300 Metern vor Kurven wäre es richtig schwierig für uns, während solche Hinweise auf einer permanenten Strecke nicht nötig sind."
Erfordert ein Diesel-Fahrzeug einen anderen Fahrstil an bestimmten Streckenstellen?
Tom Kristensen: "Die Charakteristik des Dieselantriebs bedeutet, dass wir unseren Fahrstil in Le Mans grundlegend anpassen müssen. Dank der Sparsamkeit sitzen wir länger im Auto, aber wir müssen uns die Reifen besser über diese Distanz einteilen. Um sie zu schonen, ist große Disziplin gefragt, denn nur so entsteht ein flüssiger, konstanter und schneller Rhythmus. Durch das höhere Gewicht auf der Hinterachse entsteht ein anderes Trägheitsmoment. In den Porsche-Kurven fährt sich das Auto deshalb einfach phantastisch, auch dank des langen Radstands. Dafür ist es eine größere Herausforderung geworden, schnelle Richtungswechsel oder die Wellen in der Tertre Rouge-Kurve zu absolvieren."
Gibt es beim Fahren bei Nacht eine besondere Herausforderung in Le Mans?
Emanuele Pirro: "Das Positive am Fahren bei Nacht ist, dass die Reifen mehr Grip aufbauen, der Motor mehr Leistung entwickelt und das Auto schneller ist. Dafür ist das Fahren schwieriger. Die Lichtsituationen wechseln in Le Mans ganz deutlich – im Boxenbereich ist es hell, an anderen Stellen sehr dunkel. Da sich das Auge nicht so rasch anpasst, nähern sich bestimmte Punkte subjektiv schneller, als es eigentlich der Fall ist. Man glaubt also, schneller zu sein, als man es ist. Der psychologisch wichtigste Faktor besteht darin, die Bremspunkte – also die Marken ab 300 Meter – frühzeitig zu erkennen. Erst dann fühlt man sich sicher. Überholen ist bei Nacht sogar einfacher, weil man früher gesehen wird."
Wo bieten sich die besten Chancen für Überholmanöver?
Allan McNish: "Dank der TDI Power unseres Audi R10 haben wir viel bessere Überholmöglichkeiten in Le Mans als im Vorjahr, als der Audi R8 in seiner Leistung vom Reglement deutlich begrenzt worden ist. Mit dem V12 TDI verfügen wir über so viel Drehmoment, dass wir überall beim Beschleunigen aus Kurven gut überholen können, sogar auf der Kurvenaußenseite. Das neue Chassis unterstützt diese Charakteristik, denn es ist sehr fahrstabil und die Aerodynamik sehr effizient. Es wird also auf der ganzen Strecke für uns einfacher, nicht nur an einer bestimmten Stelle."
Beeinflusst der geringe Geräuschpegel des Audi R10 TDI die Fahrweise in Le Mans?
Frank Biela: "Der Audi R10 TDI ist sehr, sehr leise. Für mich bedeutet es, dass man beim Anbremsen aus der Höchstgeschwindigkeit – zum Beispiel auf der Hunaudières-Gerade – noch konzentrierter sein muss als bisher. Bislang konnte man nach Geräusch herunterschalten, doch nun fehlt etwas. Jetzt muss ich nach Gefühl schalten oder mich stärker auf die Drehzahl-Anzeige im Display konzentrieren. Nur unter 200 km/h ist der Motor lauter als der Wind und man kann wie früher nach Geräusch schalten. Der positive Aspekt: Auf die Distanz ist das leise Geräusch sehr angenehm, also für den Fahrer entspannender."
© CB-Verlags GmbH, Haydngasse 6, A-1060 Wien | Admin Login